17.02.2025
Die fehlerhafte Bestellung eines besonderen Vertreters: Die Hauptversammlung darf ihre Kompetenzen nicht überschreiten, sonst ist der Bestellungsbeschluss nichtig.
Die Bestellung eines besonderen Vertreters spielt eine zentrale Rolle in der Haftungsdurchsetzung innerhalb einer Aktiengesellschaft. (credit:adobestock)

Einleitung

Die Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 147 Abs. 2 S. 1 AktG spielt eine zentrale Rolle in der Haftungsdurchsetzung innerhalb einer Aktiengesellschaft. In vielen Fällen ist es nur durch ihn möglich, Ersatzansprüche gegen pflichtverletzende Vorstandsmitglieder oder Aufsichtsräte geltend zu machen.

Das BGH-Urteil vom 17. September 2024 (II ZR 221/22) klärt eine bislang umstrittene Rechtsfrage zur Nichtigkeit der Bestellung eines besonderen Vertreters und deren Auswirkungen auf die Haftung der Gesellschaft sowie die Gültigkeit von Mandatsvereinbarungen mit Kanzleien.

Sachverhalt

Die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft beschloss die Bestellung eines besonderen Vertreters, um Ersatzansprüche wegen unrechtmäßig ausgeschütteter Dividenden gegen Aktionäre, Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder durchzusetzen.

Zur gerichtlichen Durchsetzung dieser Ansprüche mandatierte der Vertreter eine Anwaltskanzlei. Die Klage wurde in zwei Instanzen als unzulässig abgewiesen, da die Bestellung des besonderen Vertreters als nichtig bewertet wurde.

Nach Abschluss dieses Verfahrens klagte die Anwaltskanzlei auf Zahlung ihres restlichen Honorars. Parallel erhob die Aktiengesellschaft eine Drittwiderklage gegen den besonderen Vertreter zur Erstattung der Prozesskosten der erfolglosen Klagen.

Rechtliche Bewertung des BGH

1. Nichtigkeit des Beschlusses und fehlerhafte Bestellung

Der BGH stellte fest, dass die Hauptversammlung ihre Kompetenzen aus § 147 Abs. 1 AktG überschritten hatte. Die Norm erlaube keine Rückforderung unberechtigt ausgeschütteter Dividenden gegen Aktionäre, sondern diene primär der Haftungsdurchsetzung gegen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder.

Da der Beschluss kompetenzwidrig war, wurde er gemäß § 241 Nr. 3 AktG für nichtig erklärt. Folglich war auch der Bestellungsbeschluss des besonderen Vertreters unwirksam.

2. Gültigkeit von Verträgen trotz fehlerhafter Bestellung

Der BGH entschied, dass die Grundsätze der fehlerhaften Organbestellung anwendbar sind. Damit war der besondere Vertreter trotz seiner nichtigkeitsbedingten Unwirksamkeit in der Lage, eine wirksame Mandatsvereinbarung mit der Kanzlei zu schließen.

Diese Entscheidung dient dem Rechtsscheinschutz und folgt der bisherigen Rechtsprechung zur Organstellung besonderer Vertreter. Zudem erweiterte der BGH seine Rechtsprechung dahingehend, dass die fehlerhafte Bestellung auch in außenwirksamen Handlungen relevant bleibt.

3. Beendigung der fehlerhaften Bestellung

Ein weiteres wichtiges Ergebnis des Urteils ist, dass die Beendigung der fehlerhaften Bestellung nicht durch den Vorstand erfolgen kann. Der BGH bestätigte, dass die Zuständigkeit bei der Hauptversammlung verbleibt.

Falls der Gesellschaft durch das Handeln des fehlerhaft bestellten besonderen Vertreters Schaden droht, kann der Vorstand jedoch einstweiligen Rechtsschutz beantragen.

Fazit

Das BGH-Urteil vom 17. September 2024 hat weitreichende Konsequenzen für die Praxis der Bestellung besonderer Vertreter:

  • Die Hauptversammlung darf ihre Kompetenzen nicht überschreiten, sonst ist der Bestellungsbeschluss nichtig.
  • Die Grundsätze der fehlerhaften Bestellung sorgen für Rechtssicherheit und schützen externe Vertragspartner.
  • Die Hauptversammlung bleibt für die Beendigung der Bestellung zuständig, nicht der Vorstand.

Dieses Urteil stärkt die gesetzliche Kompetenzordnung im Aktienrecht und betont zugleich die Bedeutung eines effektiven Verkehrsschutzes.

Autoren: Dr. Andreas Menkel, Constantin Dorschu

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Dr. Andreas Menkel
  • Rechtsanwalt
  • Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
  • Fachanwalt für Steuerrecht

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