BGH: Was gilt nun, wenn ein Gesellschafter Erbe eines Gesellschaftsanteiles wird, bei dem der Erblasser Testamentsvollstreckung angeordnet hat?
Sofern der Erbe bereits Gesellschafter ist, stellt sich die Frage, ob vererbte Gesellschaftsanteile als „abspaltbares Vermögen“ anzusehen sind (credits: adobestock).

Auch Gesellschafter einer Personengesellschaft (GbR, oHG, GmbH & Co. KG) sterben. Erben sind häufig Mitgesellschafter: Kinder oder Ehegatten. Die Erblasser ordnen – auch häufig – Testamentsvollstreckung an. Was gilt nun, wenn „jemand“ bereits Gesellschafter ist und Erbe eines Gesellschaftsanteiles wird, bei dem der Erblasser Testamentsvollstreckung angeordnet hat? Hat der Gesellschafter-Erbe zwei Gesellschaftsanteile; eines mit und eines ohne Testamentsvollstreckung? Dieser naheliegende Gedanke kollidiert mit dem Grundsatz, dass Gesellschafter einer Personengesellschaft (anders bei Kapitalgesellschaften) nur einen Gesellschaftsanteil haben (sog. „Einheitlichkeit“ der Mitgliedschaft). Die Lösung kann aber auch schlecht sein, dass nunmehr der gesamte Gesellschaftsanteil unter Testamentsvollstreckung steht – demnach auch der eigene „unbelastete“ Gesellschaftsanteil. Der BGH hat sich nun – lange erwartet – hierzu mit Beschluss vom 12. März 2024 – II ZB 4/23 – geäußert.

Ausgangspunkt

Mittelpunkt des Verfahrens ist ein Streit unter Kommanditisten einer KG über den Abschluss von Geschäftsführerdienstverträgen in der Komplementär-GmbH. Der Kläger und die Beklagte zu 1 sind Kommanditisten der Kommanditgesellschaft. Deren weitere Kommanditistin war die während des zweiten Rechtszugs verstorbene Beklagte zu 2, die von dem Kläger beerbt worden ist. Hinsichtlich ihres Kommanditanteils hat die Erblasserin Dauertestamentsvollstreckung angeordnet, die im Gesellschaftsvertrag zugelassen war.

Der Kläger hat erklärt, den Rechtsstreit gegen die Beklagte zu 2 nicht aufnehmen zu wollen. Er hält sich zu dieser Erklärung für befugt. Trotz Anordnung der Dauertestamentsvollstreckung sei der Rechtsstreit nicht gegen den Testamentsvollstrecker fortzusetzen, weil die Testamentsvollstreckung nicht durchführbar sei.

Das Berufungsgericht hat den Rechtstreit auf Antrag der Beklagten zu 2 nach § 246 Abs. 1 ZPO ausgesetzt, soweit sich die Klage gegen den vom Testamentsvollstrecker vertretenen Nachlass der Verstorbenen richtet. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

Entscheidung des BGH

Das Karlsruher Gericht hatte nun zu entscheiden, ob das Verfahren zu Recht ausgesetzt worden ist. Der Kläger argumentierte, dass der antragsgemäßen Aussetzung des Rechtsstreits das Verbot des Insichprozesses und der Grundsatz der Einheitlichkeit der Mitgliedschaft entgegenstehen.

Verbot des Insichprozesses

Das Gericht folgte der Rechtsauffassung der Vorinstanz und stellte fest, dass der vererbte Kommanditanteil der Dauertestamentsvollstreckung unterliege. Aus diesem Umstand folge, dass die Erben grundsätzlich gemäß §§ 2205 Satz 1, 2211 BGB von der Ausübung der

Gesellschafterrechte ausgeschlossen seien. Die den Gesellschaftsanteil betreffenden Verwaltungs- und Vermögensrechte seien damit auf den Testamentsvollstrecker übergegangen. Er sei nicht an den Willen der Erben gebunden. Ein Verstoß gegen das Verbot des Insichprozesses komme daher nicht in Betracht.

Grundsatz der Einheitlichkeit der Mitgliedschaft

Der Kläger war bereits Gesellschafter. Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Mitgliedschaft vereinigen sich die Kommanditanteile. Davon macht der BGH eine Ausnahme bei Dauertestamentsvollstreckung. Wegen der Testamentsvollstreckung könne sich der vererbte Gesellschaftsanteil nicht uneingeschränkt mit dem bereits zuvor gehaltenen Gesellschaftsanteil des Erben vereinigen. Dies sei eine praktikable Lösung, um beiden Prinzipien – Einheitlichkeit der Mitgliedschaft sowie Testamentsvollstreckung – gerecht zu werden.

Fazit

Die Zulässigkeit der Dauertestamentsvollstreckung über Gesellschaftsanteile ist schon längst fester Bestandteil vieler Gesellschaftsverträge. Der BGH hat nun klargestellt, dass diese Gesellschaftsanteile als „abspaltbares Vermögen“ anzusehen sind, auch wenn der Erbe bereits Gesellschafter ist. Die Verwaltungsbefugnis liegt demnach beim Testamentsvollstrecker.

Die Entscheidung betraf eine Dauertestamentsvollstreckung. Für eine Abwicklungsvollstreckung dürfte für den Abwicklungszeitraum nichts Anderes gelten. Hier steht eine klärende Entscheidung des BGH aber noch aus.

Für 2-Personen-Gesellschaften dürfte die Entscheidung zur Folge haben, dass diese nach dem Tod eines Gesellschafters nicht aufgelöst wird, wenn der verbleibende Gesellschafter zugleich Erbe des verstorbenen Gesellschafters ist. Die Gesellschaft wird mit dem überlebenden Gesellschafter-Erben sowie dem Testamentsvollstrecker fortgeführt. Sicher ist dieses Ergebnis freilich noch nicht. Der BGH wird Gelegenheit haben, dies in Zukunft zu entscheiden.


Der Autor dieses Beitrags steht Ihnen bei Fragen zur Vererbung von Gesellschaftsanteilen gerne zur Verfügung und hilft Ihre Interessen geltend zu machen.

Autoren: Dr. Andreas Menkel, Florian Wenzel

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