Die Nachfolgeplanung in Familienunternehmen ist eine komplexe Aufgabe, die sorgfältige Überlegungen erfordert, um die Kontinuität und den Erfolg des Unternehmens zu gewährleisten. Eine vielversprechende und vielfach genutzte Option in diesem Zusammenhang ist die Gründung einer Familienstiftung. Weit mehr als 800 Familienstiftungen gibt es derzeit in Deutschland. Die Familienstiftung bietet nicht nur die Möglichkeit, Vermögen zu sichern, sondern auch die Werte und Traditionen einer Familie zu bewahren. Im Folgenden sollen daher überblicksartig die Grundlagen sowie zentrale Vor- und Nachteile einer Familienstiftung als effektive Strategie der Nachfolgeplanung beleuchtet werden.
I. Aufbau und Struktur der Familienstiftung
Bei der Familienstiftung handelt es sich um eine juristische Person des Privatrechts mit eigenständiger Rechtspersönlichkeit. Sie ist darauf ausgerichtet mit dem durch den Stifter zugewendeten Vermögen den gewünschten Stiftungszweck dauerhaft zu verwirklichen. Die Stiftung ist dabei nicht von dem Bestand der Mitglieder oder Gesellschafter abhängig und daher besonders geeignet eine Fortführung des Unternehmens im Sinne der ursprünglichen Unternehmensphilosophie sicherzustellen.
Die Stiftung kann zu Lebzeiten des Stifters durch Abschluss eines schriftlichen Stiftungsgeschäfts bei der zuständigen Stiftungsbehörde errichtet werden. In diesem werden der Stiftungszweck, der Name, der Sitz, die Organisation der Leitungsorgane und die Satzung der Stiftung festgelegt und der Stiftung werden Vermögenswerte zur Verwirklichung des Stiftungszwecks gewidmet. Nach der Anerkennung der Stiftung überträgt der Stifter das gewidmete Vermögen auf die Stiftung. Dieses Vermögen kann etwa in Form von Immobilien oder einem Unternehmen (Unternehmensträgerstiftung) bestehen. Bei der Organisationsverfassung steht dem Stifter ein breiter Gestaltungsspielraum zur Verfügung. Er kann insbesondere vorsehen, dass immer eine bestimmte Zahl von Familienmitgliedern im Stiftungsvorstand vertreten sein muss. Daneben kann er sich selbst Sonderrechte sichern – etwa in Form eines Zustimmungsvorbehalts.
Daneben kann eine Stiftung aber auch durch eine Verfügung von Todes wegen errichtet werden. Dieser Weg birgt den Vorteil, dass sich der Stifter zu Lebzeiten noch nicht umfassend von dem vorgesehenen Stiftungsvermögen trennen muss. Allerdings entgeht dem Stifter so die Möglichkeit, die Stiftung durch sein Wirken im Stiftungsvorstand zu beeinflussen.
II. Was sind die Vorteile einer Familienstiftung?
1. Kontinuität des Unternehmens
Die Stiftung ist ihrem Wesen nach darauf ausgerichtet, auf Dauer Bestand zu haben. Insoweit wird auch vom Ewigkeitsgedanken der Stiftung gesprochen. Dieser äußert sich einerseits dadurch, dass die Stiftung unabhängig von dem Bestand ihrer Mitglieder, auch des Stifters selbst fortbesteht. Stirbt der Stifter, geht das Stiftungsvermögen nicht zu gleichen Teilen auf seine Erben über, sondern bleibt in der Stiftung erhalten. Auf diese Weise wird eine Zersplitterung des Unternehmens verhindert. Zugleich wird das Vermögen vor möglichen Risiken, wie etwa Insolvenzen geschützt.
2. Erhalten von Werten und Traditionen
Eine Familienstiftung kann dazu dienen, die Werte und Traditionen der Familie zu bewahren und in der Satzung festzuschreiben. Dieser Erhalt ist von zentraler Bedeutung, um sicherzustellen, dass die Stiftung die Identität und Kultur der Familie über Generationen hinweg bewahrt. Die Familie behält über den Stiftungsvorstand Einfluss auf die Vermögensverwaltung. Daneben gibt es eine Reihe von Maßnahmen, die hierzu beitragen können:
- Die Satzung der Familienstiftung sollte explizite Bestimmungen enthalten, die die Werte, Überzeugungen und Ziele der Familie widerspiegeln. Durch klare Formulierungen wird sichergestellt, dass die nachfolgenden Generationen die Grundprinzipien verstehen und respektieren.
- Eine Familienverfassung kann als ergänzendes Dokument zur Satzung dienen. Sie kann Richtlinien für die Familie festlegen, einschließlich der Werte, die in der Familienstiftung geschützt werden sollen. Eine solche Verfassung kann den Familienmitgliedern klare Leitlinien für ihr Verhalten und ihre Beteiligung an der Stiftung bieten.
- Es ist wichtig, alle Familienmitglieder in den Prozess der Erstellung der Stiftungssatzung und der Stiftungsziele einzubeziehen. Durch den offenen Dialog können unterschiedliche Perspektiven und Werte berücksichtigt werden.
- Offene Kommunikation zwischen den Generationen ist entscheidend. Die Familie sollte regelmäßig über die Stiftung, ihre Ziele und Entwicklungen informiert werden.
- Die Einbeziehung von Vertretern aus verschiedenen Generationen in den Stiftungsvorstand kann sicherstellen, dass die Perspektiven und Bedürfnisse aller Generationen angemessen berücksichtigt werden.
3. Was sind die steuerlichen Vorteile?
Familienstiftungen können steuerliche Vorteile bieten. Diese werden insbesondere virulent, wenn es um die Übertragung von Vermögen und Unternehmensanteilen geht. In diesem Bereich gibt es oft Regelungen, die eine steueroptimierte Übertragung ermöglichen. So können je nach Sachverhalt Unternehmen und Unternehmensanteile steuerfrei auf die Familiengesellschaft übertragen werden.
III. Was sind die Herausforderungen einer Familienstiftung?
Trotz der zahlreichen Vorteile, die eine Familienstiftung in der Nachfolgeplanung bieten kann, sind auch einige potenzielle Nachteile zu beachten. Diese können je nach individuellen Umständen und Zielen der Familie variieren.
1. Kosten und Komplexität der Errichtung
Die Gründung und Verwaltung einer Familienstiftung ist mit gewissen Kosten verbunden. Dies umfasst nicht nur die rechtlichen und steuerlichen Beratungskosten, sondern auch die laufenden Verwaltungskosten. Die Komplexität des Prozesses erfordert zudem Fachkenntnisse und professionelle Unterstützung.
2. Eingeschränkte Flexibilität
Sobald Vermögen in die Stiftung eingebracht wird, verliert die Familie einen Teil der direkten Kontrolle über diese Vermögenswerte. Die Entscheidungsbefugnis liegt beim Stiftungsvorstand, der die Ziele und Zwecke der Stiftung im Auge behalten muss. Die Effektivität und Integrität der Familienstiftung hängen stark von den Entscheidungen des Stiftungsvorstands ab. Wenn dieser nicht kompetent oder integer handelt, kann dies negative Auswirkungen auf die Stiftung haben. Auch hier ist eine rechtlich saubere Ausgestaltung notwendig.
3. Langfristige Bindung
Die Einbringung von Vermögen in eine Familienstiftung ist oft eine langfristige Entscheidung. Die Familie könnte in ihrer finanziellen Flexibilität eingeschränkt sein, insbesondere, wenn sie in Zukunft auf liquide Mittel angewiesen ist.
Hieraus resultiert die Notwendigkeit einer besonders vorausschauenden Gestaltung, um der Familienstiftung die nötige Flexibilität zu geben, langfristig auf sich ändernde Umstände im Sinne des Stifters und zum Wohle des Unternehmens und der Familie reagieren zu können. Dies betrifft unter anderem die Frage des Umgangs der Stiftung mit Unternehmensbeteiligungen, die Zulässigkeit von Strukturveränderungen im Unternehmen, Vermögensumschichtungen sowie Satzungsanpassungen und Grundlagenänderungen der Stiftung selbst. Hier ist Weitsicht gefragt. Der langfristige Erfolg der Familienstiftung hängt in besonderem Maße davon ab, eine Gestaltung nach den individuellen Wünschen und Bedürfnissen des jeweiligen Stifters, seines Unternehmens und seiner Familie zu erarbeiten.
Darüber hinaus ist auch die fortschreitende Internationalisierung von Unternehmen, Familien und Vermögen zu beachten. Daraus folgt, dass die Stiftungsrechtsordnungen anderer Staaten frühzeitig in die Überlegungen einbezogen werden müssen. Aus diesen ergeben sich zum Teil Unterschiede zum deutschen Stiftungsrecht hinsichtlich der Flexibilität der Stiftungsstruktur und der steuerlichen Behandlung. Dies muss nicht unbedingt nachteilig sein. Sind die Besonderheiten des internationalen Rechts mit der individuellen Ausgangssituation im Unternehmen und in der Familie kompatibel, kann der Unternehmer diese gezielt nutzen, um in den Punkten der steuerlichen Optimierung oder der Planungssicherheit Vorteile zu erlangen.
IV. Fazit
Insgesamt kann die Familienstiftung eine maßgeschneiderte Lösung für die Vermögensnachfolge bieten, die weit über finanzielle Überlegungen hinausgehen kann. Sie ermöglicht es, die Werte und Traditionen einer Familie zu bewahren, während gleichzeitig eine solide Grundlage für den langfristigen Vermögenserhalt geschaffen wird. Individuelle Bedürfnisse, steuerliche Rahmenbedingungen und familiäre Ziele sollten dabei stets im Fokus stehen.
Die Zusammenarbeit mit erfahrenen Experten wie Fachanwälten für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Steuerrecht, Steuerberatern und Vermögensberatern ist unerlässlich, um die bestmögliche Strategie für die Familienstiftung zu entwickeln und umzusetzen. Dennoch sollte die Entscheidung zur Gründung einer Familienstiftung wohlüberlegt sein. Die mit der Gründung und Verwaltung verbundenen Kosten sowie die rechtliche Komplexität sollten genau abgewogen werden. Die eingeschränkte Kontrolle über das Vermögen und die Gefahr der Entfremdung innerhalb der Familie sind Aspekte, die in Betracht gezogen werden müssen. Eine sorgfältige Planung, regelmäßige Überprüfungen und gegebenenfalls Anpassungen der Stiftungssatzung können dazu beitragen, diese potenziellen Nachteile zu minimieren oder sogar auszuschließen. Insgesamt ist die Familienstiftung ein kraftvolles Instrument der Vermögensnachfolge, wenn sie auf die spezifischen Bedürfnisse und Werte einer Familie passgenau zugeschnitten ist.
Gerne berät Sie der Autor des Beitrags zum Thema der Familienstiftung oder zu sonstigen Strukturen der Nachfolgeplanung und entwickelt mit Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene individuelle rechtliche Gestaltung.
Autor: Dr. Karl Brock
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht.“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2017-2024)
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