03.07.2023

Ein Überblick über die Pflichten, die Haftung und die Haftungsvermeidung eines Vorstandes eines Vereines – was Sie wissen sollten!

Der nicht wirtschaftliche Verein (sog. Idealverein) wird mit Eintragung in das Vereinsregister rechtsfähig und kann somit selbst Träger von Rechten und Pflichten sein. Als juristische Person muss er allerdings im Rechtsverkehr durch seine Vereinsorgane vertreten werden.

Nach § 26 BGB ist grundsätzlich der Vorstand des Vereins für die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung zuständig. Den Vorstandsmitgliedern kommt daher eine bedeutsame Rolle im Verein zu: Sie treten für den Verein nach außen in Erscheinung. Für Gläubiger stellt sich die Frage, wer bei Pflichtverletzungen der Vorstandsmitglieder haftet. Für das Vorstandsmitglied geht es indes darum, eine persönliche Haftung gegenüber dem Verein, den Vereinsmitgliedern oder Vertragspartnern des Vereins zu vermeiden.

Ein Überblick über die Pflichten, die Haftung und die Haftungsvermeidung eines Vorstandes eines Vereines – was Sie wissen sollten!

Es ist zwischen der Haftung der Vorstandsmitglieder gegenüber Dritten im Außenverhältnis und gegenüber dem Verein und seinen Mitgliedern im Binnenverhältnis zu unterscheiden.

1. Haftung im Außenverhältnis – was droht dem Vereinsvorstand?

Im Außenverhältnis haftet ein Vorstandsmitglied als natürliche Person unmittelbar und unbegrenzt mit seinem gesamten Privatvermögen. Art und Umfang der Haftung hängen dabei von der jeweiligen zum Schadensersatz verpflichtenden Handlung im Einzelfall ab.

Deliktische Haftung

In Betracht kommt zunächst eine deliktische Haftung des Vorstands nach den Regelungen der §§ 823 ff. BGB. Verletzt ein Vorstandsmitglied schuldhaft die absoluten Rechte oder Rechtsgüter eines Dritten (vgl. § 823 BGB) und handelt hierbei in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen, also im Zusammenhang mit seinem Aufgabengebiet als Vereinsorgan, haften Verein und Vorstandsmitglied als Gesamtschuldner. Der geschädigte Dritte kann dann nach seiner Wahl entweder von dem Verein oder dem Vorstandsmitglied Schadensersatz in voller Höhe verlangen (zu etwaigen Regressansprüchen noch unten).

Rechtsgeschäftliche Handlungen

Wird der Vorstand rechtsgeschäftlich gegenüber Dritten tätig, handelt er als Vertreter des Vereins, sodass nicht das jeweilige Vorstandsmitglied, sondern der Verein selbst Vertragspartei wird. Beansprucht das Vorstandsmitglied ein besonderes Vertrauen gegenüber dem Vertragspartner des Vereins, kommt auch eine persönliche Haftung des Vorstandsmitgliedes gegenüber dem Vertragspartner des Vereins in Betracht.

Auch ist eine Haftung denkbar, wenn das handelnde Vorstandsmitglied seine Vertretungsmacht überschreitet und als sog. Vertreter ohne Vertretungsmacht auftritt.

Steuerrechtliche Haftung

Darüber hinaus sind unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten gleich mehrere Haftungskonstellationen denkbar.

  • Spendenhaftung

Grundsätzlich sind die Mitglieder des Vereinsvorstands zur Ausstellung von Spendenscheinen berechtigt und verpflichtet. Eine Haftung kommt in Betracht, wenn die Einkommenssteuer nicht ordnungsgemäß erhoben werden konnte. Nicht ordnungsgemäß erhoben ist die Einkommenssteuer, wenn das Vorstandsmitglied vorsätzlich oder fahrlässig eine fehlerhafte Zuwendungsbestätigung hinsichtlich der Spenden ausstellte oder veranlasst, dass die Spenden nicht für den vorgegebenen Zweck verwendet werden (§ 10b Abs. 4 Satz 2 EStG). Veranlasst das Vorstandsmitglied die zweckwidrige Verwendung von Spendengeldern, haftet es jedoch nur subsidiär zum Verein (§ 10b Abs. 4 Satz 3 EStG).

  • Allgemeine steuerrechtliche Haftung

Zudem ist der Vorstand als gesetzlicher Vertreter gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 AO verpflichtet, die übrigen steuerlichen Pflichten zu erfüllen. Hierzu zählen insbesondere:

  • die Erteilung steuerlicher Auskünfte (§ 93 AO)
  • die Erfüllung der Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten (§§ 140-148 AO)
  • die Abgabe der Körperschafts-, Gewerbe- und Umsatzsteuererklärung nach § 149 AO

Werden Steuern infolge einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung nicht gezahlt, haften die Vorstandsmitglieder nach § 69 AO mit ihrem gesamten Privatvermögen neben dem Verein als Gesamtschuldner.

Sozialversicherungsrechtliche Haftung

Führt der Vorstand für im Verein beschäftigte Arbeitnehmer die Sozialversicherungsbeiträge nicht rechtzeitig ab, macht er sich, sofern er zumindest bedingt vorsätzlich handelte, nach § 266a StGB strafbar und gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer schadensersatzpflichtig (§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266a StGB).

Insolvenzrechtliche Haftung

Daneben geht auch die Insolvenz des Vereins mit einigen Haftungsrisiken einher: Zum einen droht eine Haftung gegenüber Dritten, wenn der Vorstand den Insolvenzantrag nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Vereins nicht rechtzeitig stellt. Daneben sind weitere, zum Schadensersatz verpflichtende Verstöße gegen insolvenzrechtliche Pflichten während des Insolvenzverfahrens denkbar.

2. Binnenhaftung – was hat der Vorstand zu beachten?

Im Innenverhältnis zwischen Vorstand und Verein sind zum einen Regressansprüche und zum anderen Schadensersatzansprüche des Vereins gegen das Vorstandsmitglied möglich.

Wird der Verein für ein Verhalten des Vorstandsmitglieds über § 31 BGB in Anspruch genommen und leistet er daraufhin Ersatz, steht dem Verein grundsätzlich ein Ersatzanspruch gegen das verantwortliche Vorstandsmitglied zu. Im Falle einer deliktischen Haftung kommt dem Verein dabei in aller Regel ein voller Ausgleichsanspruch zu.

Im Übrigen kann das Vorstandsmitglied im Innenverhältnis gegenüber dem Verein schadensersatzpflichtig sein. Beispielsweise stellt die Schädigung eines Dritten und die damit einhergehende Schadensersatzpflicht des Vereins regelmäßig eine Verletzung der Sorgfaltspflicht im Innenverhältnis dar. Daher steht dem Verein regelmäßig ein Anspruch auf Ersatz des Haftungsschadens zu.

Auch macht sich das Vorstandsmitglied haftpflichtig gegenüber dem Verein, wenn es die durch Gesetz und Recht sowie per Vereinssatzung vorgegebenen Verhaltenspflichten (Tun, Dulden, Unterlassen) missachtet und somit gegen seine Legalitätspflicht verstößt. Entsprechendes gilt bei Verstößen gegen die organschaftliche Treuepflicht.

3. Begrenzung der Haftungsrisiken

Sind Vereinsmitglieder unentgeltlich für den Verein tätig oder erhalten sie für ihre Tätigkeit eine Vergütung, die 840 Euro jährlich nicht übersteigt, haften sie dem Verein für einen Schaden, den sie bei der Wahrnehmung der ihnen übertragenen satzungsgemäßen Vereinsaufgaben verursachen, nur bei Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit – dies gibt § 31b BGB gesetzlich vor.

Davon abgesehen sind Mitglieder des Vereinsvorstands aber dennoch vielseitigen Haftungsrisiken ausgesetzt. Daher sind Mittel und Strategien zur Haftungsvermeidung in Erwägung zu ziehen:

  • Erstens kann auch in der Vereinssatzung verankert werden, dass der Vereinsvorstand nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haftet, und zwar auch dann, wenn die Voraussetzungen des § 31b BGB nicht erfüllt sind (s.o.). Eine Haftung bei einfacher und mittlerer Fahrlässigkeit entfällt dann. Eine solche Haftungserleichterung kommt nur gegenüber dem Verein selbst und seinen Mitgliedern, nicht aber gegenüber fremden Dritten in Betracht.
  • Es können bestimmte Bereiche der Vereinstätigkeit, die mit einem besonders hohen Haftungsrisiko behaftet sind, an eine GmbH ausgelagert werden. Damit wird die persönliche Haftung der Vorstandsmitglieder verhindert.
  • Auch bietet sich bei größeren Vereinen mit unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern die Aufteilung der Ressorts auf die einzelnen Vorstandsmitglieder an. Auf diese Weise können einzelne Tätigkeitsfelder jeweils einem bestimmten Vorstandsmitglied zugewiesen werden, sodass dieses die volle Haftung für Verstöße aus diesem Bereich trifft, während die übrigen Vorstandsmitglieder diesbezüglich nur für mögliche Überwachungsfehler haften.

Bei ehrenamtlichen Vorstandsmitgliedern bietet sich auch die satzungsmäßige Implementierung eines hauptberuflichen Geschäftsführers an, der dann für die laufenden Geschäfte des Vereins verantwortlich ist. Der Geschäftsführer kann dann besonderer Vertreter (§ 30 BGB) sein und somit ähnliche Kompetenzen wie ein Vorstandsmitglied haben.

  • Daneben ist der Abschluss einer Versicherung zu erwägen, die etwaige Haftungssummen übernimmt. Hierbei gilt zu beachten, dass unterschiedliche Arten der Versicherung je nach Art der Vereinstätigkeit sinnvoll erscheinen.

4. Fazit

Der Vereinsvorstand nimmt sowohl im Binnen- als auch im Außenverhältnis haftungsgeneigte Tätigkeiten vor. Aufgrund des einzelfallbezogenen Pflichtenkatalogs kann keine abschließende Risikobewertung der Tätigkeit des Vereinsvorstands vorgenommen werden. Für das Vorstandsmitglied ist es oft kaum möglich, sich selbst einen Überblick über die Risiken seiner persönlichen Haftung zu machen und etwaige Vermeidungsstrategien zu etablieren. Insoweit ist es empfehlenswert, frühzeitig und präventiv anwaltliche Beratung zu suchen, um die persönliche Haftung zu begrenzen.

Gerne berät Sie der Autor des Beitrags zu Themen der persönlichen Haftung als Mitglied des Vereinsvorstands und der Haftungsvermeidung.

Autor: Dr. Karl Brock

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