Seit dem 1. Januar 2023 ist das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft getreten. Es soll die internationale Menschenrechtslage entlang der Lieferkette verbessern, indem es Anforderungen an ein verantwortungsvolles Management von globalen Liefer- und Wertschöpfungsketten stellt. Auf Unternehmen kommt durch das LkSG ein weitreichendes neues Pflichtenprogramm zu. Sie müssen künftig nicht mehr nur für ihr eigenes Handeln, sondern – hinsichtlich der Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz – entlang ihrer Lieferkette Verantwortung übernehmen. Angesichts komplexer, kaum in alle Verästelungen zu durchblickender Vertragsbeziehungen steht das insbesondere auf Vorleistungsgüter angewiesene Unternehmen vor Herausforderungen.
Hinzu kommt, dass die Europäische Union derzeit eine unionsweit geltende EU-Lieferkettenschutz-Richtlinie plant, deren Anwendungsbereich und Pflichtenprogramm noch deutlich weitergehen soll als das Regelregime des deutschen LkSG. Damit werden künftig noch weitere Verhaltenspflichten auf Unternehmen zukommen.
Neue Pflichten für Unternehmen
Zur Verbesserung der weltweiten Menschenrechtslage sieht das LkSG eine Reihe von lieferkettenbezogenen Sorgfaltspflichten für das Unternehmen vor. Dabei handelt es sich grundsätzlich nicht um absolute Erfolgspflichten, sondern um sog. Bemühenspflichten. Der (ernsthafte) Versuch, die Zustände in der eigenen Lieferkette zu durchdringen und ggf. zu verbessern, kann also im Einzelfall – wenn auch nicht immer – ausreichend sein.
Zu den Lieferketten-Compliance-Pflichten zählen insbesondere:
- Einrichtung betriebsinterner Zuständigkeiten und eines Risikomanagements
- (Regelmäßige) Durchführung von Risikoanalysen
- Abgabe einer Grundsatzerklärung zur unternehmerischen Menschenrechtsstrategie
- Verankerung von Präventivmaßnahmen
- Ergreifen von Abhilfemaßnahmen bei festgestellten Menschenrechts- und Umweltverstößen
- Errichtung eines Beschwerdeverfahrens
- Interne und externe Dokumentations– und Berichtspflichten
Mit einer einmaligen Prüfung ist es dabei nicht getan: Vielmehr ist nach dem LkSG eine laufende Überwachung der eigenen Geschäftstätigkeit sowie der in die Lieferkette eingebundenen Zulieferer erforderlich. So müssen die vom LkSG direkt erfassten Unternehmen ihre unmittelbaren Geschäftspartner verpflichten, ihrerseits für die Wahrung von Menschenrechten und Umweltschutz entlang der Lieferkette einzutreten und die vom Vertragspartner bestimmten Nachhaltigkeitsstandards insoweit einzuhalten bzw. an eigene Vertragspartner weiterzugeben (Weitergabepflicht).
Für das Ausmaß der Sorgfaltspflichten gilt der Verhältnismäßigkeit- und Angemessenheitsgrundsatz: Danach sind hinsichtlich des geforderten Tätigwerdens insbesondere die Unternehmensgröße, die Tragweite möglicher Verletzungen, das eigene Risikoprofil und die Marktmacht innerhalb der Lieferkette maßgeblich.
Unmittelbare Geltung für große Unternehmen
Das LkSG gilt ab seinem Inkrafttreten zum Jahreswechsel 2023 zunächst für in Deutschland ansässige Unternehmen mit in der Regel mindestens 3.000 Angestellten. Dazu zählen auch befristet Beschäftigte. Bei Konzernstrukturen werden die im Inland angestellten Beschäftigten zusammengerechnet. Ausländische Gesellschaften unterfallen dem Gesetz nur dann, wenn sie eine inländische Zweigniederlassung haben. Ab dem 1. Januar 2024 findet das Gesetz auch auf Unternehmen mit mindestens 1.000 Angestellten Anwendung.
Nach dem EU-Richtlinienvorschlag können künftig schon Unternehmen mit durchschnittlich 250 Mitarbeitern insgesamt den gesetzlichen Lieferkettenschutzpflichten unterfallen.
Mittelbare Auswirkungen auch auf KMUs
Mittelbar betroffen sind jedoch auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die die gesetzlichen Arbeitnehmer-Schwellenwerte des LkSG nicht erreichen: Als Zulieferer größerer Unternehmen werden sie im Rahmen von deren Risikoanalysen aufgefordert, Compliance-Erklärungen zur eigenen Lieferkette abzugeben, die wiederum eine eigenständige Lieferkettenanalyse erfordern. So werden die größeren Unternehmen ihren Verpflichtungen aus dem LkSG gerecht – und wälzen zugleich Haftungsrisiken vertraglich auf ihre Geschäftspartner ab. Es tritt ein sog. Trickle-Down-Effekt ein – nicht zuletzt, weil die Großunternehmen zur Weitergabe von Lieferkettensorgfaltspflichten entlang der Lieferkette ex lege verpflichtet sind. Dadurch entsteht eine Vertragskaskade entlang der Lieferkette, sodass letztendlich fast jedes Unternehmen – unabhängig von seiner Größe – menschenrechts- und umweltbezogene Risiken in seinem Geschäftsbereich und bei seinen Vertragspartnern fortwährend zu überprüfen und angemessene Präventions- und Abhilfemaßnahmen zu ergreifen hat.
Nicht zuletzt werden auch mehr und mehr Unternehmen außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereichs des LkSG aufgrund ethischer Überzeugung und der zunehmenden Erwartungshaltung von Endverbrauchern, Kunden, Investoren, Arbeitnehmern und der Allgemeinheit (Stakeholdern) erwägen, wesentliche Anforderungen des Gesetzes freiwillig zu erfüllen. Mit diesem freiwilligen Engagement soll die mittel- und langfristige Wettbewerbsfähigkeit auf den Märkten gewährleistet werden.
Es drohen Bußgelder, Reputationsschäden und Vertragsverletzungen
Die durch das LkSG unmittelbar Verpflichteten sehen bei Zuwiderhandlung erheblichen Bußgeldern von bis zu 800.000 Euro bzw. 2% des durchschnittlichen weltweiten Jahresumsatzes entgegen. Zudem können Unternehmen für bis zu drei Jahre von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden. Eine zivilrechtliche Haftung schließt das LkSG hingegen aus. Nach dem aktuellen EU-Richtlinienvorschlag soll den Unternehmen künftig allerdings eine zivilrechtliche Haftung auferlegt werden.
Nichtsdestotrotz drohen den nicht unmittelbar verpflichteten Unternehmen vertragliche Schadensersatzansprüche und ggf. Vertragsstrafen ihrer Kunden sowie der Abbruch von Lieferbeziehungen. Hinzu kommt ein gerade im Bereich der Menschenrechtsverletzungen möglicher erheblicher Reputationsschaden.
Herausforderungen für alle Unternehmen – und ihre Organe
Betroffene Unternehmen sollten daher die Anforderungen des LkSG für die eigene Geschäftstätigkeit zeitnah prüfen und die erforderlichen Maßnahmen umsetzen. Gerade wenn begrenzte Ressourcen kurzfristige Reaktionszeiten erschweren, lohnt sich eine frühzeitige Befassung mit der komplexen Materie. Oft können die notwendigen Anpassungen in ein bereits bestehendes Compliance-System eingearbeitet werden.
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