Die moderne Technik verführt viele zu heimlichen Gesprächsaufzeichnungen (credit:adobestock)
Die moderne Technik macht es möglich. Jeder trägt heute ein Smartphone bei sich, das ohne weiteres geeignet ist, auch längere Gespräche aufzuzeichnen. Dies verführt wiederum viele dazu, heimliche Gesprächsaufzeichnungen anzufertigen, um sich vermeintlich besser schützen zu können oder für sich eine bessere Beweissituation herbeizuführen. Dies kann allerdings den Arbeitsplatz kosten! Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat in einer aktuellen Entscheidung auf Linie der ständigen Rechtsprechung erneut klargestellt, dass heimliche Aufzeichnungen von Gesprächen eine fristlose Kündigung rechtfertigen können (LAG Rheinland-Pfalz v. 19.11.2021, 2 Sa 40/21).
Der Fall (verkürzt):
Wir möchten hier den ausführlichen und sehr einzelfallorientierten Sachverhalt nicht vollständig wiedergeben. Im Kern geht es um folgende Situation.
Der bereits seit 2007 bei der beklagten Drogeriemarktkette beschäftigte Mitarbeiter war dort als Verkaufsberater in der Spielwarenabteilung beschäftigt.
Am 13. Juni 2019 verließ der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz eine Viertelstunde vor Dienstende. Darüber kam es am nächsten Tag zu einem Streitgespräch mit seiner Kollegin, die ihm das vorzeitige Verlassen des Arbeitsplatzes am Vortag vorwarf.
Daraufhin verständigte der Mitarbeiter seinen Vorgesetzten. Auch mit diesem kam es dann zu einem Streitgespräch. Während des Gespräches betätigte der Kläger ohne Wissen seines Vorgesetzten die Aufnahmetaste seines Smartphones und zeichnete das Gespräch heimlich auf.
Der Arbeitgeber erlangte von dieser heimlichen Gesprächsaufzeichnung Kenntnis und kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich.
Das Arbeitsgericht hat die fristlose Kündigung nach einer umfangreichen Beweisaufnahme für unwirksam erachtet.
Die Entscheidung:
Im Berufungsverfahren hat das Landesarbeitsgericht die Unwirksamkeit der Kündigung bestätigt.
I. Heimliche Gesprächsaufzeichnung als Kündigungsgrund
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der heimliche Mitschnitt eines Personalgesprächs „an sich“ geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Dabei kommt es nach der Rechtsprechung nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung an (vgl. auch § 201 StGB). Maßgebend ist die mit diesem Verhalten verbundene Verletzung, der den Arbeitnehmer nach § 241 Abs. 2 BGB obliegenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber hat seine Mitarbeiter bei der Ausübung ihrer Tätigkeit auch im Hinblick auf die Vertraulichkeit des Wortes zu schützen. Das nicht öffentlich gesprochene Wort eines anderen darf – auch im Betrieb – nicht heimlich mitgeschnitten werden .
Wer ein Gespräch ohne Zustimmung des Gesprächspartners auf einem Tonträger heimlich aufnimmt, verletzt auch das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht. Zum Grundrecht gehört die Befugnis selbst zu bestimmen, ob der Kommunikationsinhalt einzig dem Gesprächspartner, einem bestimmten Personenkreis oder der Öffentlichkeit zugänglich sein soll. Das Selbstbestimmungsrecht erstreckt sich mithin auf die Auswahl der Personen, die Kenntnis vom Gesprächsinhalt erhalten sollen.
Hinweis für die Praxis:
Das Interesse, eine ohne Einwilligung erstellte Tonaufzeichnung in einem Rechtsstreit als Beweismittel zu benutzen, hat daher nur in besonderen Ausnahmefällen Vorrang vor dem Schutz des gesprochenen Wortes. Das allgemeine private Interesse, sich einen Vorteil zu verschaffen, reicht nicht aus. Es müssen besondere Umstände vorliegen. Diese waren hier erkennbar nicht gegeben.
II. Interessenabwägung
Die heimliche Gesprächsaufzeichnung war hier also nicht gerechtfertigt. Dies stellte einen fristlosen Grund zur Kündigung dar. Allerdings erfolgt die Prüfung einer fristlosen Kündigung immer zweistufig. Neben dem wichtigen Grund, der hier gegeben war, bedarf es weiterhin einer Interessenabwägung. Im Rahmen der Interessenabwägung hat das Landesarbeitsgericht, ebenso wie die Vorinstanz, die Kündigung allerdings für unwirksam erachtet. Das Landesarbeitsgericht hat dies auf mehreren Seiten sehr einzelfallbezogen begründet. Wir verzichten hier auf eine Darlegung und Wiedergabe dieser Ausführungen.
Fazit:
Heimliche Gesprächsaufzeichnungen rechtfertigen eine fristlose Kündigung. Dies gilt auch bei langjährigen Beschäftigungsverhältnissen. Im Rahmen einer konkreten Interessenabwägung kann im Einzelfall eine Rechtfertigung für die Gesprächsaufzeichnung gegeben sein, dies muss dann aber der Arbeitnehmer darlegen. Das private Interesse, sich einen Beweisvorteil zu verschaffen, reicht keinesfalls aus. Wir können daher der Praxis nur dringend empfehlen, von privaten Gesprächsaufzeichnungen abzusehen. Dies gilt vor allem für allgemeine Personalgespräche. Eine Rechtfertigung scheidet regelmäßig aus.
Auszeichnungen
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TOP-Wirtschaftskanzlei für Arbeitsrecht(FOCUS SPEZIAL 2024, 2023, 2022, 2021, 2020)
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TOP-Anwalt für Arbeitsrecht: Prof. Dr. Nicolai Besgen(WirtschaftsWoche 2023, 2020)
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