In den letzten Jahren haben sich so genannte Zertifikate immer größerer Beliebtheit bei Anlegern erfreut, nicht zuletzt, weil sie von Banken massiv beworben wurden. Dabei  war und ist der Erfindungsreichtum nahezu grenzenlos. Es gibt

  • Index-Zertifikate
  • Basket-Zertifikate
  • Tracker-Zertifikate
  • Exchange Traded Commodities
  • Discount-Zertifikate
  • Bonus-Zertifikate
  • Hebel-Zertifikate (auch: Turbo- oder Knock-out-Zertifikate, Mini-Futures)
  • Bandbreiten-Zertifikate (Sprint-Zertifikate)
  • Airbag-Zertifikate (auch: R-Bag- oder Protector-Zertifikate)
  • Outperformance-Zertifikate
  • Garantie-Zertifikate (auch: Kapitalschutz-Zertifikate)
  • Alpha-Zertifikate
  • Sport-Zertifikate

Erläuterungen zur Funktionsweise der einzelnen Zertifikate finden Sie bei Wikipedia (hier klicken)

Rechtlich sind Zertifikate sogenannte Schuldverschreibungen bzw. Anleihen, also die Verbriefung eines schuldrechtlichen Anspruchs gegen den Emittenten, dessen Höhe von den Bedingungen des jeweiligen Zertifikates abhängig ist. Dieser schuldrechtliche Anspruch gegen den Emittenten ist mithin von der Bonität des Emittenten abhängig. Wird der Emittent – wie beispielsweise erst kürzlich die Investmentbank Lehman Brothers – zahlungsunfähig, kann ein Totalverlust des investierten Kapitals eintreten. Dieses Risiko wurde regelmäßig nur kleingedruckt in den Verkaufsunterlagen erwähnt, aber meistens nicht im Beratungsgespräch mit dem Kunden. Dabei zeigen die Ereignisse der letzten Wochen, wie schnell auch auf den ersten Blick solide Häuser (das Rating von Lehman Brothers war bis kurz vor der Insolvenz gut) ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen können.

Besonders ärgerlich aus Anlegersicht (und auch hierauf wurde oft nicht hingewiesen) ist, dass Zertifikate nicht den gleichen Schutz genießen wie andere Anlagen: Investmentfonds beispielsweise sind insolvenzfeste Sondervermögen (vgl. §§ 30ff. InvG), während Einlagen bei einer Bank durch die gesetzliche und freiwillige Einlagensicherung (siehe dazu diesen Artikel auf unserer Homepage) geschützt sind. Für Zertifikate gelten diese Schutzmechanismen nicht.

Was tun, wenn aufgrund einer Empfehlung Zertifikate erworben wurden?

Zunächst gilt: Zertifikate können durchaus zur Beimischung und Risikostreuung in einem Depot sinnvoll sein.

Problematisch ist es aber, wenn erhebliche Teile des Vermögens in Zertifikaten angelegt sind, und/oder nicht hinreichend über die Risiken aufgeklärt wurde.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (grundlegend BGH, Urteil vom 06.07.1993 – XI ZR 12/93 „Bond-Urteil“) richten sich die Aufklärungspflichten der Bank nach dem Wissensstand des Anlegers (anlegerspezifische Beratung) und nach der Bonität des Anlageobjekts (objektspezifische Beratung). Das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) schreibt dazu in § 31 WpHG u.a. vor, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen ihren Kunden rechtzeitig und in verständlicher Form Informationen zur Verfügung stellen müssen, die angemessen sind, damit die Kunden nach vernünftigem Ermessen die Art und die Risiken der ihnen angebotenen oder von ihnen nachgefragten Arten von Finanzinstrumenten oder Wertpapierdienstleistungen verstehen und auf dieser Grundlage ihre Anlageentscheidungen treffen können (§ 31 Abs. 3 WpHG).

Dazu muss ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das Anlageberatung erbringt, von dem Kunden alle Informationen einholen über dessen Kenntnisse und Erfahrungen in Bezug auf Geschäfte mit bestimmten Arten von Finanzinstrumenten oder Wertpapierdienstleistungen, über die Anlageziele der Kunden und über ihre finanziellen Verhältnisse, die erforderlich sind, um den Kunden ein für sie geeignetes Finanzinstrument oder eine für sie geeignete Wertpapierdienstleistung empfehlen zu können. Die Geeignetheit beurteilt sich danach, ob das konkrete Geschäft, das dem Kunden empfohlen wird, den Anlagezielen des betreffenden Kunden entspricht, die hieraus erwachsenden Anlagerisiken für den Kunden seinen Anlagezielen entsprechend finanziell tragbar sind und der Kunde mit seinen Kenntnissen und Erfahrungen die hieraus erwachsenden Anlagerisiken verstehen kann (§ 31 Abs. 4 WpHG).

Fazit:

Die Frage, ob die Empfehlung eines Zertifikats vor diesem Hintergrund eine fehlerhafte Beratung darstellt, ist aufgrund der vorstehenden Grundsätze nicht generell zu beantworten. Es kommt darauf an, was genau der Anleger für Kenntnisse und Erfahrungen hatte, über welche Risiken aufgeklärt wurde und ob der Anleger diese überschauen konnte. Anleger, die Zweifel haben oder bereits Kapital verloren haben, sollten sich an einen Spezialisten wenden und anhand einer möglichst genauen Schilderung der Umstände des Einzelfalls und des Beratungsgesprächs prüfen lassen, ob ein Vorgehen gegen die Bank Aussicht auf Erfolg hat.

Generell gilt für Anlageentscheidungen:

Der Inhalt des Beratungsgesprächs sollte möglichst genau dokumentiert werden. Da im Prozess die Bank ihre Mitarbeiter als Zeugen für das Gespräch benennen kann, während der Kunde oft allein steht, sollten Anleger zu Gesprächen über weit reichende Anlageentscheidungen eine Person ihres Vertrauens (z.B. Ehepartner, Anwalt oder Steuerberater) hinzuziehen, die später im Streitfall als Zeuge dienen kann. Der Inhalt des Gesprächs sollte notiert und der Bank zeitnah noch einmal bestätigt werden mit der Bitte um Gegenzeichnung.

Lorbeerkranz

Auszeichnungen

  • Deutschlands beste Kanzleien für Bank- und Finanzrecht
    (Handelsblatt 2024)

  • Alexander Knauss bei „Beste Anwälte Deutschlands 2024“ für Bank- und Finanzrecht
    (Handelsblatt 2024)

  • Anwalt des Jahres in NRW (Alexander Knauss) für Bank- und Finanzrecht
    (Handelsblatt 2023)

  • „Deutschlands Beste Anwälte“ im Bank- und Finanzrecht
    (Handelsblatt 2023)

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