19.08.2009

Vorsteuervergütungsanträge im Sinne des § 18 Abs. 9 UStG, die nach dem 31.12.2009 gestellt werden, müssen zukünftig im Wege eines elektronisches Antragsverfahren über ein vom jeweiligen Ansässigkeitsstaat einzurichtende Internetportal an das Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) gerichtet werden. Das bisherige Papierverfahren wird für alle im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer abgeschafft.

Ein Zwischenantrag für im Kalenderjahr 2009 gezahlte Vorsteuerbeträge kann nach dem alten Verfahren nur noch bis zum 31.12.2009 stellen. Maßgeblich ist der Eingang des Antrags beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt).

Zukünftig existieren verschiedene Vorsteuervergütungsverfahren für im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer und für im Drittland ansässige Unternehmer.

I.        Das neue Vorsteuervergütungsverfahren für im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer

An dieser Stelle soll ausschließlich ein Hinweis zu den ab dem 01.01.2010 geltenden Neuregelungen erfolgen, da im Übrigen die alte Rechtslage fort gilt.

1.       Vorsteuervergütungsberechtigte Unternehmer

Vorsteuervergütungsberechtigte Unternehmer sind gemäß § 18 Abs. 9 UStG i. V. m. § 59 UStDV n. F. Unternehmer, die im Inland (hierzu zählen die Insel Helgoland und die Gebiete im Sinne des § 1 Abs. 3 UStG) weder einen Wohnsitz, einen Sitz, eine Geschäftsleistung noch eine Betriebsstätte (Zweigniederlassung) haben und

  • keine Umsätze im Inland ausgeführt haben,
  • nur Umsätze ausgeführt haben, für die der Leistungsempfänger Steuerschuldner ist (Reverse-Charge-System) oder
  • nur innergemeinschaftliche Erwerbe und daran anschließende Umsätze als zweiter Lieferer im Rahmen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts geführt hat.

Die Neuregelung hat insbesondere Auswirkungen für Zweigniederlassungen. Nach der noch bis zum 31.12.2009 gültigen Rechtslage gilt der Unternehmer mit einer inländischen Zweigniederlassung sowohl im Hinblick auf seine Ausgangsumsätze sowie Eingangsumsätze als im Inland ansässig. Zukünftig begründet eine inländische Betriebsstätte stets die Ansässigkeit im Inland gemäß § 18 Abs. 9 UStG i. V. m. § 59 UStDV n. F. Unerheblich ist dabei, ob die inländische Betriebstätte in den Leistungsbezug eingebunden ist. Streitigkeiten mit den Finanzämtern sind hier insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob eine inländische Betriebsstätte besteht, voraussehbar. Die Gründe sind naheliegend: Bejaht man das Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte, so muss ab dem 01.01.2010 die Vorsteuer für die in Deutschland bezogenen Vorsteuern im regulären Besteuerungsverfahren der inländischen Betriebsstätte geltend gemacht werden. Verneint man die Existenz einer inländischen Betriebsstätte, so findet weiterhin das Vorsteuervergütungsverfahren Anwendung.

2.       Anhebung der Mindestvergütungsbeträge

Nach § 61 Abs. 3 UStDV n. F. muss die beantragte Vergütung zukünftig mindestens400 € betragen. Ist Vergütungszeitraum allerdings das Kalenderjahr oder das 4. Quartal des Kalenderjahrs, so muss der Mindestvergütungsbetrag mindestens 50 € betragen. Nach alter Rechtslage beträgt der Mindestvergütungsbetrag hingegen 25 €.

3.       Elektronische Antragstellung

Das bisherige Papierverfahren entfällt mit Wirkung zum 01.01.2010 und wird auf ein elektronisches Antragsverfahren umgestellt.

Die Antragsstellung erfolgt zukünftig nicht mehr unmittelbar gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) sondern über das im jeweiligen Ansässigkeitsstaat eingerichtete elektronische Portal der lokalen Finanzbehörde. Verfügt der Antragssteller, der im Ansässigkeitsstaat steuerpflichtig sein muss, über eine im Erstattungszeitraum gültige Umsatzsteueridentifikationsnummer oder Steuernummer leitet die ausländische Finanzbehörde den Antrag auf elektronischem Wege innerhalb von 15 Kalendertagen an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) weiter. Unabhängig davon bleibt Adressat des Vorsteuervergütungsantrags der jeweilige Erstattungsmitgliedstaat.

Anders als die Richtlinie 2008/9/EG sieht die nationale Vorschrift des § 87a Abs. 3 Satz 2 AO zwingend die Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur im Rahmen der Versendung elektronischer Dokumente vor. Voraussetzung einer wirksamen Antragsstellung ist damit zukünftig zwingend die Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur durch den ausländischen Antragssteller.

Dem Unternehmer, der über das elektronische Portal des jeweiligen Ansässigkeitsstaats einen Antrag auf Vorsteuervergütung stellt, ist grundsätzlich unverzüglich eine elektronische Empfangsbestätigung zu übermitteln. Diese gilt als Nachweis für die fristgerechte Antragsstellung gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt).

4.       Belegvorlage

Die Vorlage der Originalrechnungen und Einfuhrdokumente ist nach der ab dem 01.01.2010 geltenden Rechtlage keine zwingende materiell-rechtliche Antragsvoraussetzung mehr. Dem Vergütungsantrag sind lediglich auf elektronischem Wege die Rechnungen und Einfuhrbelege in Kopie beizufügen, wenn das Entgelt für den Umsatz oder die Einfuhr mindestens 1.000 €, bei Rechnungen über den Bezug von Kraftstoffen mindestens 250 € beträgt. Im Übrigen ist eine Belegvorlage nicht vorgesehen.

Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) kann allerdings für den Fall, dass begründete Zweifel bestehen, die Vorlage der Rechnungen und Einfuhrdokumente im Original verlangen. Die Aufbewahrung der Belege im Original ist daher stets zu empfehlen.

Die Vorlage der Unternehmerbescheinigung entfällt vollständig, da die Prüfung der Unternehmereigenschaft zukünftig dem Ansässigkeitsstaat des Unternehmers obliegt. Gleichzeitig überprüft die Finanzbehörde des Ansässigkeitsstaats – vor der Weiterleitung der Antragsunterlagen an den Erstattungsstaat – die Vollständigkeit der Antragsunterlagen. Im Rahmen der Prüfung hat der Ansässigkeitsstaat festzustellen, ob

  • Die vom Antragsteller angegebene Umsatzsteueridentifikationsnummer (USt-ID) zutreffend und ihm zugeordnet ist,
  • Der Antragsteller zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und
  • Der Antrag alle erforderlichen Angaben enthält.

Durch die Weiterleitung des Antrags bestätigt der jeweilige Ansässigkeitsstaat die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben.

Die Frage, ob das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift auch in Zukunft Voraussetzung der Wirksamkeit des Antrags ist, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend beantwortet werden. § 61a Abs. 2 Satz 4 UStDV n. F. sieht dies vor. Allerdings hat der BFH mit Beschluss vom 13.08.2008 (Az. XI R 19/08) dem EuGH die Frage vorgelegt, ob der im Muster nach Anhang der 8. EG-Richtlinie verwendete Begriff „Unterschrift“ ein einheitlich auszulegender gemeinschaftlicher Begriff ist. Welche Folge dies für das Vorsteuervergütungsverfahren nach sich zieht bleibt abzuwarten.

5.       Antragsfrist

Der Vergütungsantrag muss gemäß § 61 Abs. 2 Satz 1 UStDV n. F. bis zum 30.09. des Folgejahres, in dem der Vorsteuervergütungsanspruch entstanden ist, eingereicht werden. Die Antragsfrist verlängert sich damit gegenüber der bis zum 31.12.2009 gültigen Rechtslage um drei Monate.

Die Antragsfrist ist gewahrt, wenn der Vorsteuervergütungsantrag bis zum 30.09. bei der Finanzbehörde des Ansässigkeitsstaats des Steuerpflichtigen eingereicht wurde.

6.       Erstattungsfähige Vorsteuerbeträge

Erstattungsfähige Vorsteuervergütungsbeträge sind solche im Sinne des § 15 UStG. Die Ermittlung des Erstattungsbetrags erfolgt auch nach der neuen Rechtslage unverändert nach den gesetzlichen Regelungen des Erstattungsstaats. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH erfolgt nunmehr allerdings eine Beschränkung des Vorsteuerabzugs bei Unternehmern, die auch den Vorsteuerabzug ausschließende Umsätze in ihrem Ansässigkeitsstaat erbringen (Anwendung eines Pro-Rata-Satzes). Der Erstattungsstaat darf nach der ab dem 01.01.2010 geltenden Rechtslage nur die Vorsteuerbeträge erstatten, die nach dem Recht des Ansässigkeitsstaats auf die steuerpflichtigen Leistungen entfallen. D. h. die Höhe der Vorsteuervergütung ist begrenzt auf den Vorsteuerbetrag, den der nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigte Antragssteller in seinem Ansässigkeitsstaat erhalten würde, wenn er zur Berechnung der abzugsfähigen Vorsteuern einen Pro-Rata-Satz anwenden würde.

7.       Vergütungsbescheid

Die Bekanntgabe des Vergütungsbescheids erfolgt zukünftig auf elektronischem Wege per E-Mail.

8.       Verzinsung der Erstattungsbeträge

Die Erstattungsfrist beträgt grundsätzlich nach § 61 Abs. 5 UStDV n. F. vier Monate  und zehn Werktagen. Sie beginnt mit Ablauf des Tages des Eingangs des Vergütungsantrags beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Verlangt das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) allerdings die Vorlage weiterer Unterlagen, so verlängert sich diese Frist um weitere vier Monate auf insgesamt acht Monate und 10 Werktage.

Erfolgt die Vergütung erst nach Ablauf der Erstattungsfrist, ist der Vergütungsbetrag zu verzinsen. Die Zinsen betragen für jeden Monat 0,5 % des auf den nächsten durch 50 € teilbaren abgerundeten Erstattungsbetrags.

Die Verzinsungspflicht entfällt, wenn der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nicht innerhalb eines Monats nach dem Zugang einer entsprechenden Aufforderung nachkommt.

II.       Das Vorsteuervergütungsverfahren für im Drittland ansässige Unternehmer ab dem 01.01.2010

Für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer gilt auch nach der neuen Rechtslage das Vergütungsverfahren nach amtlichen Vordrucken. Der Antrag ist an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu richten. Alternativ kann ein im Drittland ansässiger Unternehmer aber auch wie nach alter Rechtslage durch Datenfernübertragung nach amtlichen vorgeschriebenen Datensatz übermitteln. http://www.bzst.bund.de/003_menue_links/006_ust-verguetung/061_ausl_untern/613_elek_Antrag/index.php

1.       Vergütungsberechtigte Unternehmer

Gemäß § 18 Abs. 9 UStG i. V. m. § 59 UStDV n. F. sind Unternehmer, die weder einen Wohnsitz, einen Sitz, eine Geschäftsleistung noch eine Betriebsstätte (Zweigniederlassung) im Inland haben, vergütungsberechtigt.

2.       Mindestvergütungsbeträge

Nach § 61a UStDV n. F. muss die beantragte Vergütung mindestens 1.000 € betragen. Betrifft der Vergütungszeitraum allerdings das Kalenderjahr oder das letzte Quartal des Kalenderjahres, so muss die beantragt Vergütung mindestens 500 € betragen.

3.       Belegvorlage

Ein im Ausland ansässiger Unternehmer, der die Vergütung von Vorsteuerbeträgen beantragt, muss auch nach der neuen Rechtslage grundsätzlich bereits mit dem Vergütungsantrag die zugrunde liegenden Rechnungen im Original vorlegen. Kopien genügen nicht (BFH, Urt. vom 18.01.2007 – V R 23/05). Nur im Falle des Verlustes der Originalrechnungen können Rechnungskopien eingereicht werden, wenn der dem Erstattungsantrag zugrunde liegende Vorgang stattgefunden hat und keine Gefahr besteht, dass weitere Erstattungsanträge gestellt werden (vgl. EuGH v. 11.06.1998, C-361/96, BFH v. 20.08.1998, V R 55/96).

Darüber hinaus muss der Unternehmer durch eine behördliche Bescheinigung seines Ansässigkeitsstaats nachweisen, dass er als Unternehmer unter einer Steuernummer eingetragen ist (Unternehmerbescheinigung).

§ 61a Abs. 2 Satz 4 UStDV n. F. setzt weiterhin die eigenhändige Unterschrift des Unternehmers auf dem Vergütungsantrag voraus.

4.       Antragsfrist

Für die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer verbleibt es bei der Antragsfrist bis zum 30.06. des Folgejahres, in dem der Vorsteuervergütungsanspruch entstanden ist.

Ausschließlich der eigenhändig unterschriebene Vergütungsantrag nebst zugehöriger Rechnungen und Einfuhrbelege (im Original) wahrt die Antragsfrist.

III.      Empfehlungen

Insbesondere im Hinblick auf das ab dem 01.01.2010 geltende Vorsteuervergütungsverfahren für im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer bleibt abzuwarten, ob die Umsetzung der Richtlinie 2008/9/EG durch den deutschen Gesetzgebers der Überprüfung durch die nationalen Gerichte standhalten wird.

Zu begrüßen sind die verlängerte Antragsfrist für in der EU ansässige Unternehmer bis zum 30.09. des Folgejahres, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist, und die Vereinfachung des Verfahrens durch die Verfahrensumstellung auf das elektronische Antragsverfahren. Dies insbesondere auch, da für in der EU ansässige Unternehmer zukünftig die Pflicht zur Einreichung der Belegunterlagen im Original entfällt. Die maßgeblichen Belege sollten allerdings auch zukünftig unter Beachtung der nationalen Aufbewahrungspflicht verwahrt werden um eine spätere Dokumentation gewährleisten zu können. Die Verzinsungspflicht sollte zur Verkürzung der Bearbeitungszeiten führen.

Wir empfehlen rechtzeitig die Vergabe der zukünftig stets im Rahmen des elektronischen Antragsverfahrens erforderlichen Umsatzsteueridentifikationsnummer bei der zuständigen Finanzbehörde zu beantragen um zeitlichen Verzögerungen vorzubeugen.

Im Hinblick auf das Vergütungsverfahren zugunsten der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer weisen die Neuregelungen lediglich vereinzelte Änderungen auf, so dass hier auf die bisherige Rechtsprechung zurück gegriffen werden kann.

Vergütungsanträge von im Inland ansässigen Unternehmern an die zentrale Erstattungsstelle in einem anderen Mitgliedsstaat sind über das elektronische Portal des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) zu übermitteln http://www.bzst.bund.de/003_menue_links/006_ust-verguetung/060_inl_untern/index.html

 

Verfasserin: Rechtsanwältin Dorothée Gierlich, MEYER-KÖRING, Bonn

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  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2022/2023)

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2017-2021)

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