Der Fall:
Der nachstehende Fall ist der Entscheidung des OLG München (Beschluss vom 28.07.2009 – 31 Wx 28/09 (rechtskräftig), BWNotZ 2010, 36) nachgebildet.
Der kinderlose Erblasser E verstarb im Alter von 75. Er war seit einigen Jahren mit der dreißig Jahre jüngeren F verheiratet, die ihn zwischenzeitlich wieder verlassen hat. Der Nachlass besteht im Wesentlichen aus landwirtschaftlichem Grundbesitz. E hinterlässt noch einen Bruder B. Er hinterlässt aber auch mehrere Testamente – und damit beginnt der Streit.
- Es liegt ein handschriftlich abgefasstes Testament vor, bei dem Ort und Datum – „B. den xx.xx.2007” in der ersten Zeile neben „Mein Testament” ersichtlich mit einem anderen Kugelschreiber eingefügt sind. Darin wird die F zur alleinigen Erbin eingesetzt;
- Mit Testament vom 29.04.2000 hatte der Erblasser ebenfalls die F zur Alleinerbin eingesetzt.
- Mit Testament vom 03.10.2002 bestimmte er seinen Bruder B zum Erben. Seine Ehefrau F solle keine weiteren Zahlungen erhalten, weil sie ihn mutwillig verlassen habe.
F hat einen Erbschein als Alleinerbin aufgrund Testaments beantragt. Der Bruder B ist dem entgegengetreten und hat die Echtheit des auf den xx.xx.2007 datierten Testaments bestritten.
Das vom Nachlassgericht eingeholte handschriftvergleichende Gutachten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen kommt zu dem Ergebnis, dass das fragliche Testament mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit vom Erblasser eigenhändig geschrieben und unterschrieben wurde und keine durchgreifenden Zweifel daran beständen, dass auch die mit einem anderen Kugelschreiber eingefügte Niederschrift von Ort und Datum vom Erblasser gefertigt worden sei.
Das Gericht erließ daraufhin den Erbschein zugunsten der F. zurück. Die Rechtsmittel des B waren erfolglos.
Die Entscheidung:
Die Vorinstanzen konnten aufgrund der durchgeführten Ermittlungen von der Echtheit des Testaments (§ BGB § 2247 Abs. BGB § 2247 Absatz 1 BGB) ausgehen.
Handschriftenvergleich
Die Frage, ob ein handschriftliches Testament vom Erblasser geschrieben und unterschrieben wurde, liegt im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet. Das Gericht der weiteren Beschwerde kann die Beweiswürdigung nur daraufhin überprüfen,
- ob, der maßgebliche Sachverhalt ausreichend erforscht wurde,
- ob die Beweiswürdigung alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat, widerspruchsfrei ist und nicht den Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen zuwiderläuft, ferner
- ob die Beweisanforderungen vernachlässigt oder überspannt worden sind.
Diesen Anforderungen wurde die Entscheidung des Gerichts gerecht.
Das Gericht konnte sich auf das Gutachten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Handschriftenvergleichung stützen, der eine urkunden-technische Prüfung vorgenommen und sowohl die Textschrift als auch die Unterschrift sowie die Angabe von Ort und Datum einer eingehenden schriftvergleichenden Untersuchung unterzogen hat.
Datum der Testamentserrichtung
Die Feststellung, wann eine letztwillige Verfügung verfasst wurde, liegt ebenfalls auf tatsächlichem Gebiet. Die eigenhändigen Zeit- und Ortsangaben des Erblassers haben bis zum Beweis des Gegenteils die Vermutung der Richtigkeit für sich.
Konkrete Tatsachen, die zum Beweis eines anderen Errichtungszeitpunkts als des vom Erblasser angegebenen dienen könnten, waren weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Umstand allein, dass die Orts- und Datumsangabe vom Erblasser ersichtlich nachträglich, nämlich nach dem Schreiben des Textteils, in der ersten Zeile eingefügt wurde, reicht dafür nicht aus, denn ob das Datum vor dem Text oder danach auf der Urkunde angebracht wird, ändert nichts an seiner Bedeutung als Zeugnis des Erblassers über den Zeitpunkt der Testamentserrichtung.
Mutmaßungen darüber, ob der Erblasser im Jahr 2007 Anlass hatte, ein Testament zugunsten seiner Ehefrau zu errichten, reichen nicht aus, um die Vermutung der Richtigkeit des vom Erblasser selbst angegebenen Datums zu widerlegen.
Fazit:
Es bleibt ein „Geschäckle“, ganz gleich wie sich der Fall tatsächlich zugetragen haben mag. Und Rechtsstreite und nachhaltige Zerwürfnisse in der Verwandtschaft sind garantiert. Außerdem ist keinesfalls sichergestellt, dass vorliegend tatsächlich der letzte Wille des Erblassers umgesetzt wurde. Denn was tatsächlich der wirklich letzte Wille war, stand nicht sicher fest.
- Verzichten Sie keinesfalls auf die Datumsangabe der Testamentserrichtung.
- Benutzen Sie dafür dasselbe Schreibgerät wie für den Haupttext.
- Vernichten Sie alle vorangegangenen Testamente.
- Oder noch besser: Errichten Sie ein notarielles Testament!
Autor
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